Das Emirat Ras Al Khaimah verfügt über ein beeindruckendes archäologisches Erbe und eine reichhaltige Kulturgeschichte. Mit seiner einmaligen Kombination aus den vier verschiedenen Landschaften, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu finden sind, übte dieses Gebiet auf Siedler eine große Anziehungskraft aus: eindrucksvolle Berge, Küstenstrände und Mangroven und die Wüste.
Die Wechselwirkung dieser geografischen Faktoren formte in Verbindung mit der strategischen Lage an der Mündung des Arabischen Golfs das sehr spezielle Erbe des Emirats. Archäologische Ausgrabungen brachten zutage, dass in dieser Region seit 5.000 v. Chr. eine Handel treibende Hochkultur existiert hat.
Die bis in die Bronzezeit zurückreichende Geschichte macht Ras Al Khaimah zu einem der wenigen Orte auf der Welt, der seit mehr als 7.000 Jahren ständig besiedelt war. Im Wandel der Zeiten als Julfar, Majan oder Al Seer bekannt, war Ras Al Khaimah während der Antike eines der bedeutendsten Handelszentren und Märkte in der Region.
Aufgrund seiner Lage an den meist befahrenen Schifffahrtskreuzwegen war das Emirat den Händlern aus der Golfregion bekannt. Aus Aufzeichnungen geht hervor, dass die Einwohner von RAK bereits im 10.Jahrhundert bis nach Bombay, China und Sansibar reisten.
Die Lage von Ras Al Khaimah machte es für eine Reihe von Invasionsmächten zu einem wertvollen Ziel. Achtzehn historische Befestigungen, Burgen und Türme zeugen von einer turbulenten Geschichte, in der Ras Al Khaimah von Sassaniden, islamischen Klans des Persischen Golfs, portugiesischen, niederländischen und britischen Truppen besetzt oder herausgefordert wurde.
Ras Al Khaimahs Geschichte rückt mit der Ankunft der al-Qasimi stärker in den Blickpunkt, einem so einflussreichen Klan, dass er nicht nur einen großen Teil der nördlichen Emirate zusammenführte, sondern auch eine der stärksten Flotten aufbaute, die es je in diesem Teil der Region gab.
Die Ankunft der Briten beeinflusste wesentlich die politische Lage der arabischen Scheichtümer und führte zu vielen Veränderungen. Diese Veränderungen führten letztendlich in 1971/1972 zu einem Zusammenschluss von sieben Emiraten, der als Vereinigte Arabische Emirate bekannt ist.
Nach RAK reisende Geschichtsenthusiasten finden eine wahre Fundgrube mit archäologischen Stätten vor, die einfach zu erreichen sind und nur darauf warten, die Vergangenheit zum Leben zu erwecken.
Ras Al Khaimahs Gesellschaft ist ein Stammesverbund, in welchem die Stämme in drei Hauptkategorien unterteilt werden: die Stämme der Bergbewohner, der Küstenbewohner und der Wüstenbewohner. Unter ihrem „Familiennamen“ umfasst jede Kategorie verschiedene Stämme. Sie können anhand ihrer Dialekte unterschieden werden, da jeder Stamm seinen speziellen Dialekt hat. Den am schwierigsten zu verstehenden Dialekt spricht der Bergstamm. Sogar andere Einheimische sind der Meinung, dass dieser Dialekt nur schwer zu verstehen ist, da sie die Reihenfolge der Buchstaben in jedem Wort ändern oder sie es auf eine bestimmte verschlüsselte Art ausdrücken.
Bergstämme
Al Shehhi, Al Hebssi, Al Dohoori
Wüstenstämme
Al Khatiri, Al Shamsi, Al Kitbi
Küstenstämme
Al Ali, Al Zaabi, Al Tenaiji
Volkskünste
Die VAE im Allgemeinen und Ras Al Khaimah im Speziellen sind für ihre Folklore, Volksmusik, Volkstänze und andere traditionelle Volkskunstformen bekannt, die die sozialen, ethischen und ästhetischen Werte der Gemeinschaft verkörpern und widerspiegeln. Zum Beispiel sind traditionelle Tänze bedeutungsvolle Bewegungen, die rhythmisch dargeboten werden, um gemeinsame Ideen und Vorlieben einer bestimmten Gemeinschaft zu symbolisieren.
Al Wahabiyya
Es handelt sich um eine der ältesten Kunstformen Ras Al Khaimahs und wird nur hier praktiziert. Die Gesänge während dieser Aufführung unterteilen sich in drei Abschnitte. Trommelspieler stehen zwischen zwei Reihen von Künstlern, die das Orchester darstellen. Einer der Künstler beginnt mit dem Rezitieren einer Verszeile. Er wiederholt sie mehrere Male, bis sich der andere Künstler diese gemerkt hat. Dann rezitiert er eine andere Verszeile aus demselben Gedicht. Die erste Zeile ist der Beginn und die Zweite der Ostinato oder Orgelpunkt.
Die beiden Reihen Tänzer bewegen sich rhythmisch vor und zurück, eine Reihe verbeugt sich und die Trommler nähern sich ihr für 10 Minuten, während sie ihre Köpfe bewegen. Die Reihe gegenüber wiederholt einige Bewegungen, während die Trommler sich auch ihr nähern. Tänzer mit Schwertern und Gewehren steigern die Faszination der Darbietung. Dieser Volkstanz wird üblicherweise zu besonderen Gelegenheiten, an Festtagen und auf Hochzeiten aufgeführt.
Obed-Zeit (5.500 – 3.800 v. Chr.)
Dies ist die älteste Epoche, die bislang in der Geschichte von Ras Al Khaimah bekannt ist. Unweit von Al Jazeerah Al Hamra wurden riesige Ruinen von Bauten und Außenbedachungen entdeckt. Diese Ruinen weisen auf frühe menschliche Aktivitäten in diesem Gebiet hin.
Darüber hinaus wurden auf demselben Areal Tonscherben, Perlen, Netze und Steinwerkzeuge gefunden. Sie sind eindeutige Belege für die frühe Existenz von beduinischen Wüstenbewohnern, die den Winter über an der Küste lebten. Die Tonscherben ähnelten den Funden von Tontöpfen und Keramik aus derselben Epoche in Mesopotamien und sind damit lebendiger Beweis für den direkten Handel zwischen den beiden Gebieten. In der Region von Khatt entdeckten Ausgräber auch historische Stätten, die Granitwerkzeuge aus derselben Epoche enthielten.
Haffet-Zeit (3.200 – 2.600 v. Chr.)
Diese Periode war für ihre Grabruinen und Gräberfelder bekannt, die auf hohen Bergen angelegt wurden. Sie wurden mit hiesigen Steinen errichtet, waren wie Bienenstöcke geformt und bestanden aus einem oder zwei kleinen Räumen. Sie wurden bei Khatt, im Wadi al-Bih und im Wadi al-Qarw entdeckt.
Umm-an-Nar-Kultur (2.600 – 2.000 v. Chr.)
Die Umm-an-Nar-Kultur existierte Mitte des dritten Jahrtausends v. Chr. Dies war wohl die bedeutendste Periode in der Entwicklung einer Zivilisation in den VAE. Nachweise lassen vermuten, dass in dieser Periode der Handel zwischen Mesopotamien und dem Indus-Tal florierte. Diese beiden Gebiete zusammen boten ein riesiges und ausgedehntes Netz für den Fernhandel, insbesondere mit hochwertigen Töpferwaren, für die sie berühmt waren. Diese Epoche ist auch für ihre Rundgräber bekannt, deren Außenmauern aus weichen, gravierten und polierten Steinern errichtet wurden. Jedes Grab war in Räume unterteilt und diente der Bestattung von mehreren Generationen. Archäologen konnten in diesen Gräbern Überreste von mehr als einhundert Körpern entdecken. Das größte Grab wurde in der Shamal-Region gefunden und hat einen Durchmesser von 14,5 Meter. An der Vorderseite befindet sich ein Stein mit dem eingravierten Abbild eines menschlichen Fußes. Im Jahr 1988 wurde ein anderes Grab im Menaie-Tal im Norden von Ras Al Khaimah entdeckt. Außerdem wurden noch andere Gräber in Aasama entdeckt, wo bedeutsame Sammlungen von Bronzewerkzeugen gefunden wurden, darunter Pfeilspitzen und Dolche.
Periode der Wadi-Suq-Kultur (2.000 – 1.600 v. Chr.)
Die bemerkenswertesten archäologischen Funde aus dieser Epoche sind 15 riesige Gräber in der Shamal-Region, die den größten Friedhof aus prähistorischer Zeit darstellen. Weitere Gräber wurden 1976 in Ghaleelah, Al Qirm, Al Rams, Qarn Al Harf, Khatt und Athan entdeckt. Die Ausgrabungsarbeiten und Untersuchungen wurden von 1985 – 1990 durchgeführt. Die meisten der Wadi-Suq-Gräber waren riesig und überirdisch errichtet worden. Ihre Fundamente wurden mit Kalkstein hergestellt. Jedes Grab war der Bestattungsort für 30 bis 60 Körper. Die in diesen Gräbern gefundenen persönlichen Gegenstände und Überbleibsel sind gegenwärtig im Nationalmuseum von Ras Al Khaimah zu sehen. Sie enthalten bemalte Becher, Dosen und Steinpfannen, Töpfe mit Deckel, persönlichen Schmuck (und zwar Perlen), Metallwerkzeuge und Waffen.
Späte Bronzezeit (1.600 – 1.250 v. Chr.)
Die zweite Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr., die späte Bronzezeit, ist für die Besiedlung des Shamal-Gebiets bekannt, die teilweise von einer deutschen Mission der Universität Göttingen ausgegraben wurde. Am Fuße der ansteigenden Berge errichtet, zeigt diese Siedlung die Spuren von Wohnungen im „Arish“-Stil, der noch bis vor 50 Jahren für die Vereinigten Arabischen Emirate üblich war. Die große Anzahl von Muschelschalen und Fischgräten, die auf dem Areal entdeckt wurden, weisen darauf hin, dass die Menschen auf die Bucht angewiesen waren, die offensichtlich nicht so weit entfernt war. Auf diesem Areal entdeckte Datteln und Tierknochen weisen darauf hin, dass Landwirtschaft zu jener Zeit auch bereits üblich war.
Eisenzeit (1.200 – 300 v. Chr.)
Die Eisenzeit ist durch Funde im südlichen Teil Ras Al Khaimahs bestens bekannt, wo eine Anzahl von Gräbern entdeckt wurde. Einige von ihnen waren rechteckig und mit vier Räumen, andere waren wie Hufeisen geformt und weitere waren wiederum kreisförmig. Archäologen haben bemalte Töpfe und eine große Anzahl von mit Steingravur verzierten Töpfen aus Chlorit gefunden. Eine der bedeutendsten Entdeckungen war ein Stein mit einem eingravierten Phönix. Die Zeichnung dieses imaginären Vogels ähnelt jenen, die in den assyrischen Palästen im Nordirak dargestellt waren. Im Norden von Ras Al Khaimah gibt es zwei Siedlungen in Hügelform. Die eine Siedlung wurde 1968 in Khatt entdeckt. Die andere in Shamal. Beide Siedlungen stellen das Leben in der nördlichen Region während der Eisenzeit dar.
Die hellenische und parthische Zeit (300 v. Chr.- 300 n. Chr.)
Die hellenische und parthische Periode als späte vorislamische Zeit ist ebenfalls in den nördlichen Teilen nachgewiesen. Umfragen von der Behörde für Altertümer und Museen führten zur Entdeckung von einigen historischen Stätten in den nördlichen und südlichen Bezirken Ras Al Khaimahs. Diese Stätten umfassen Einzelgräber und mehrfach genutzte Gräber, die in Shamal, Asimah und im Wa’ab / Wadi Muna’i gefunden wurden.
Zeit der sassanidischen Besetzung (300 n. Chr.- 632 n. Chr.)
Die sassanidische Besetzung Ras Al Khaimahs wird nun zunehmend offensichtlich. Ein Team von Archäologen fand eine kleine Stätte auf der Insel Hulaylah, die während der sassanidischen Periode besetzt war. Vor kurzem wurden in Khatt zwei weitere Stätten gefunden. Die bedeutendste Entdeckung aus dieser Epoche während des dreiphasigen Forschungsprogramms war eine sassanidische Zitadelle. Sie wurde errichtet, um die vollständige Kontrolle über die fruchtbaren Ebenen im Norden Ras Al Khaimahs zu haben. Dieses Monument wurde verlassen, als der Islam auf dem Gebiet der VAE Fuß fasste. Sowohl in der frühislamischen als auch in der spätislamischen Zeit ist Ras Al Khaimah in Bezug auf das archäologische Erbe das bedeutendste Emirat. Die frühen Jahrhunderte des Islams sind in Kush und auf der Insel Hulaylah gut präsentiert.
Die abbasidische Zeit (750 – 1.250 n. Chr.)
Diese Geschichtsperiode war durch das große, vereinigte islamische Reich und eine gewaltige Ausweitung des Handels mit Ostasien gekennzeichnet. Diese Ära verkörperte sich in kleinen Gebieten am Arabischen Golf. Die Präsenz zweier dieser Gebiete in Ras Al Khaimah verhalf ihm, eine bedeutende Rolle als geschäftige Handelsstraße in der frühislamischen Ära einzunehmen. Einer dieser Orte war Al Koush, eine Festung, die während der islamischen Expansion in diesem Gebiet von den Sassaniden aufgegeben wurde. Die Menschen besetzten sie wieder und lebten die nächsten sieben Jahrhunderte dort. Der zweite Ort liegt auf der Insel Hulaylah. Es war ein Bau aus Palmenblättern. Es gibt nur noch wenige, kaum zu erkennende Ruinen, die jedoch eine große historische Bedeutung haben. Beide Orte waren als ein Teil von Julfar bekannt, einer alten Stadt mit hohem Bekanntheitsgrad unter muslimischen Reisenden und Geographen. An diesen beiden Orten wurden einige abbasidische Töpferwaren und chinesisches Porzellan gefunden, das aus dem Irak und woanders her importiert wurde. Die Antiquitäten zeugen davon, wie sehr die Menschen in Julfar zu jener Zeit am Handel interessiert und beteiligt waren.
Die spätislamische Zeit (14.- 19.Jahrhundert)
Mitte des vierzehnten Jahrhunderts waren Kush und die Insel Hulaylah nicht besiedelt. Die Menschen begannen, sich an den Sandstränden in Küstennähe niederzulassen. Dieses Gebiet wurde Julfar genannt. Es wurde 1968 von dem berühmten Archäologen Piatris entdeckt. Viele archäologische Expeditionen wurden aus Frankreich, Großbritannien, Japan und Deutschland in dieses Gebiet entsendet. Sie alle brachten zutage, dass Julfar vom vierzehnten bis siebzehnten Jahrhundert ein ausgedehntes, riesiges, besiedeltes Gebiet war. Die Stadt wurde aus gebrannten Lehmziegeln errichtet und durch eine 2,5 Meter dicke und 4 Meter hohe Lehmmauer geschützt. Sie war das Haupthandelszentrum im unteren Teil des Arabischen Golfs. Julfar war berühmt für seinen enormen und florierenden Handel mit entfernten Regionen. Die hiesigen Funde aus Porzellan und Keramik wurden aus arabischen und europäischen Ländern importiert. Es war die Heimatstadt des berühmten arabischen Seefahrers Ahmad Ibn Majid, der auch „Der Löwe der Meere“ genannt wurde. Julfar war berühmt für seine hochwertigen Töpferwaren aus Shamal und dem Haqeel-Tal, die zu den Hauptzentren der Herstellung und des Vertriebs von Keramiktöpfen in die Länder am Golf gehörten. Die Keramikindustrie herrschte für mehr als 500 Jahr vor, der letzte Brennofen wurde im Haqeel-Tal vor 30 Jahren stillgelegt.
Die jüngste Geschichte (19.- 20.Jahrhundert)
Auch die jüngste Geschichte (19.Und 20.Jahrhundert) ist im Nationalmuseum von Ras Al Khaimah gut dargestellt. In den letzten Jahren wurden von der Behörde für Altertümer und Museen mehrere Umfragen zur Erhebung von Daten über historische Gebäude durchgeführt. Während einer Umfrage wurden 75 noch stehende Türme aus Lehmziegeln, Steinen und Mörtel erfasst. Vor Kurzem lokalisierte eine Umfrage zur Existenz alter Moscheen mehr als 20 Standorte, die älter als 30 Jahre waren. Sie wurden von einem belgischen Team erfasst, auf Plänen verzeichnet und fotografiert und reflektieren die bedeutende bauliche Tradition religiöser Gebäude in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Allgemeinen und im Emirat Ras Al Khaimah im Speziellen.
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